Simone Holliger

Porträt
24. Mai 2019
Text: Annette Hoffmann

Simone Holliger bei den Swiss Art Awards, Messe Basel, Halle 3, Basel.
Neue Arbeiten der Künstlerin sind ebenfalls zu sehen in der Galerie Nicolas Krupp, Rosentalstr. 28, Basel.
Bis 31. August 2019.

Die dritte Dimension hat ihre Tücken. Tage, die unter Murphys Gesetz stehen, erinnern uns daran. Wenn wir stolpern, das Marmeladenbrot auf die falsche Seite fällt und wir ständig irgendwo anstoßen. In der zweiten Ebene wäre das nicht passiert. Simone Holliger (*1986) arbeitet sich mit einem Material der zweiten Dimension in die dritte. Das hat unter anderem zur Konsequenz, dass ihre Objekte sich manchmal gegenseitig stabilisieren müssen, Knüffe einstecken, eindellen oder einbrechen. „Fremde im selben Raum“ hieß etwa ihre Einzelpräsentation im Aargauer Kunsthaus im Rahmen der Auswahl im letzten Jahr. Da war alles drin, zwischen Abstoßung und Annäherung. Ihre Inspiration holt sich die in Genf lebende Simone Holliger immer noch aus der Fläche. Sei es, dass sie Zeichnungen oder Bilder adaptiert, wie etwa vor einigen Jahren eine Serie des italienischen Künstlers Alberto Magnelli, der Steine, die nur bedingt der Schwerkraft unterlagen, zeichnete. Sei es dass die Zeichnungen eine Art Schnittmuster bilden. Die Räumlichkeit erreicht die Künstlerin durch geklebte Kanten. Titel wie „Arme werden Beine“, eine Arbeit aus dem letzten Jahr, signalisieren, wie sehr die Objekte über sich selbst hinaus in den Raum wachsen wollen.

Dennoch tut sich Simone Holliger schwer, sich als Bildhauerin zu bezeichnen. Holliger hat in Genf Kunst studiert, in den letzten Jahren haben sich ihre Arbeiten von Installationen zu Räumen verdichtet. Manchmal ist das Papier, sie benutzt 20-Meter-Rollen, das sie mit Pigmenten zum Einfärben von Stoffen oder mit Grafit- und Wachsstiften behandelt, Hintergrund eines Reliefs oder eines Objekts, manchmal jedoch schneidet sie aus dem vorgeblendeten Papier eine Art Arabeske. Die Formen, die dabei entstehen, wirken oft wie eigenständige Charaktere, manche haben etwas Anthropomorphes, andere sind gänzlich abstrakt. Sie haben Identifikationspotential durch ihre Art, sich gegen die dritte Dimension zu behaupten, auch wenn sie dabei statisch eigentlich nur verlieren können.